Das Wesentliche – Adyashanti

Adyashanti ist ein in den USA geborener spiritueller Lehrer.
Sein Interesse für Spiritualität führte ihn im Alter von 20 Jahren zum Zen-Buddhismus. Er studierte Zen unter verschiedenen Lehrern und vermittelt Meditation und Wege zum Erwachen durch mehrere Bücher und durch zahlreiche Vorträge, u.a. im Internet auf Youtube.

Einleitung

„Was ist für dich das Wichtigste, nicht die drei wichtigsten Dinge, nicht die zwei wichtigsten Dinge, sondern das Wichtigste? “ – So der Beginn des ersten Kapitels!

In seiner Gesamtheit regt dieses Buch den Leser an, sich mit dieser Frage auseinander zu setzen, um sie beantworten zu können. Die Antwort mag manchem möglicherweise bewusst machen, dass man sehr viel Zeit und Energie für etwas aufwendet, was nach der Beantwortung dieser Frage als gar nicht mehr so wichtig erscheint, vielleicht sogar völlig unwichtig ist.

In 26 Kapiteln werden Themen angesprochen und erläutert, die bei der Erkundung des Wesentlichen im Leben von Bedeutung sein können. Es sind Einsichten und Qualitäten, die in der Tiefe unserer menschlichen Natur vorhanden sind und gelebt werden wollen. Im Rahmen dieser Vorstellung des Inhalts dieses Buches, konnte ich nur einige dieser Kapitel auswählen und daraus zitieren.

Inhalt – Auszüge aus dem Buch

Das Wichtigste – was ist das?

„Das Wichtigste – was ist das? – Kein spiritueller Lehrer, egal wie weise. Und keine Lehre, egal wie tiefgründig, kann ein Ersatz dafür sein, selbst herauszufinden, was für dich das Wichtigste ist.“

„Wenn wir das nie hinterfragen, orientieren wir unser Leben auf das, was uns beigebracht wurde, bis wir eines Tages erkennen: Worauf ich mich orientiert habe, war mir eigentlich gar nicht so wichtig . Eine Neuorientierung findet häufig in der Mitte des Lebens statt, denn dies ist eine Zeit, in der wir genug getan, genug erreicht und lange genug in der Tretmühle verbracht haben. Erst dann fragen wir uns, ob das nun alles war. Ist das genug? Dann gehen wir in uns und fragen: Ist es das, was ich wirklich will? Was ist das Wichtigste für mich?

Wenn ich jemanden frage:“ Worum geht es in deinem spirituellen Leben, bin ich überrascht, wie wenige sich die Zeit genommen oder die innere Disziplin auferlegt haben, um das zu definieren. Du liest ein Buch nach dem anderen, arbeitest mit einem Lehrer nach dem anderen, meditierst und praktizierst Jahre lang, aber du jagst etwas hinter her, was andere für dich definiert haben und von dem du gedacht hast: Das klingt ganz gut und das mache ich jetzt einmal. Dabei findest du jedoch nicht die einzigartige Orientierung, die nur zu dir und deinem Leben gehört. Niemand kann sie dir geben. Kein spiritueller Lehrer, egal wie weise, und keine Lehre, egal wie tiefgründig, kann ein Ersatz dafür sein, selbst herauszufinden, was wichtig für dich ist.

Wenn wir unser Wichtigstes kennen, zögern wir nicht mit unserer Antwort. Wir müssen nicht darüber nachdenken – sie ist einfach da. Diejenigen, die sie haben, wissen was sie tun und warum sie es tun. Sie kennen das Wichtigste. – Nun, wie ist das bei dir? Was ist das Wichtigste in deinem Leben? Gehe nicht davon aus, dass es der erste Gedanke ist, der dir in den Sinn kommt. Das herauszufinden, kann echte Nachforschungen und ernsthafte Überlegungen erfordern. Doch die Mühe lohnt sich und kann ein Wendepunkt in jedem Bereich deines Lebens sein…… Als spiritueller Lehrer habe ich gesehen, dass das Wichtigste zu definieren das Wichtigste ist. Es ist der erste Schritt. Erst wenn du das tust, gehört dein Leben dir.“

Die Kraft einer guten Frage

„Du musst bereit sein, gegen den Strich zu gehen, gegen die Konsensrealität.“ „Richtige Fragen werden dein Weltbild von Grund auf erschüttern. Wenn du diese Art von Fragen stellst, wirst du feststellen, dass die Art und Weise, wie du dich definierst, dich einschränkt. Deine Definition von dir selbst ist nicht, wer oder was du bist. Dies zu hinterfragen, ist etwas Grundlegendes.“

„Tiefe Spiritualität kreist um diese existenziellen Fragen, und jeder von hat seine eigenen. Deine könnten sein: Was ist mein Platz im Universum? Was ist Gott? Was ist Leben? Für mich war es die spirituelle Frage schlechthin: Wer bin ich? Diese Frage erschütterte meine Grundannahmen über das Dasein zutiefst. Eines Tages tauchte die Frage während der Meditation auf: Ich dachte Moment mal. Ich weiß nicht einmal wer ich bin. Ich weiß nicht einmal wer das Ich ist, das Erleuchtung sucht. Wenn ich nicht weiß, wer ich bin, auf welcher Grundlage stelle ich dann alle weiteren Fragen?
Mir wurde klar, dass ich erst einmal klarstellen musste, wer ich war.“

Wenn wir das Wichtigste finden, kommt es mit einer großen Intensität zu uns, die uns verunsichert. Es ist beunruhigend aber gleichzeitig inspirierend. Wenn wir eine Frage von wahrer Bedeutung stellen, steckt viel Energie und Wachstumspotential dahinter… Das bewirken die wichtigen Fragen: Sie öffnen einen Raum in uns und beseitigen die vorgefassten Splitter, damit etwas Neues und Transformierendes entstehen kann.“

Wem dienst du?

„Es geht nicht darum, eine nette Person zu sein. Es geht um etwas viel Tieferes als das.“

„Dienen ist keine spirituelle Idee, kein Ideal. Es ist Teil der menschlichen Erfahrung, zu dienen und etwas zurückzugeben. Mensch zu sein bedeutet, auf irgendeine Weise zu helfen und das Wohlergehen anderer zu fördern. Eines der schönsten Dinge am Dienen ist, dass wir gleichzeitig auch für unser eigenes Wohlbefinden sorgen. Das weist auf etwas Wesentliches im Dienen hin: Wenn es aus einem Gefühl von Ganzheit heraus geschieht, wenn es aus einer inneren Fülle entspringt, ist es bereichernd und lebensbejahend – nicht nur für uns, sondern für alle, denen wir dienen.“

„Wenn man den Tag mit dem Gedanken beginnt: Heute werde ich jemandem oder etwas einen Dienst erweisen, um zum Ausdruck zu bringen, was ich von Herzen schätze und liebe. Ich werde eine Geste in diese Richtung machen, auch wenn es nur eine kleine ist.
Du wirst spüren, wie wunderbar es sich anfühlt, selbstlos zu dienen. Wir sind nie so glücklich, wie wenn wir uns für das Wohl anderer einsetzen. Das ist eines der schönsten Dinge im Leben, neben der Möglichkeit, dass jemand oder etwas anderes davon profitieren kann. Ich merke, wie ich zutiefst von Dankbarkeit und Wertschätzung erfüllt bin für all jene, die mir oder etwas Wichtigem einen Dienst geleistet haben… Diese Dankbarkeit ermöglicht es mir, das zu tun, was ich tue. Sie erfüllt mich mit einem wunderbaren Gefühl und inspiriert mich, wenn ich frage: Wem diene ich?“

Das Hindernis als Weg

‘Um dein Gesicht zu zeigen, musst du die Maske fallen lassen.‘ Demaskierung ist der spirituelle Weg. Es geht nicht darum, neue Masken zu erstellen – auch keine spirituellen Masken. Es geht nicht darum, von einer weltlichen Person zu einer spirituellen Person zu werden oder ein materielles Ego gegen ein spirituelles Ego einzutauschen. Es geht um Authentizität und um die Fähigkeit, dem Leben zu vertrauen, auch wenn es enorm hart ist. Es geht darum genau da innezuhalten, wo du bist und in ein tiefes Zuhören, Bereitschaft und Offenheit einzutreten. Wenn du dich wunderbar fühlst, fühlst du dich wunderbar, wenn du dich verloren fühlst, fühlst du dich verloren. Du kannst es zulassen, verloren zu sein, ohne mit dir selbst darüber zu diskutieren und ohne eine Geschichte darüber zu erfinden. Wir müssen die Fähigkeit finden, uns selbst und unserem Leben zu vertrauen – allem, was immer es auch sei. Das ist es, was das Licht scheinen lässt, und der Offenbarung Raum gibt.

Die Offenbarung wird uns finden, sobald wir innehalten und zuhören, nicht mit unseren Ohren und nicht mit unserem Verstand, sondern mit unserem Herzen, mit einer zarten und intimen Qualität des Bewusstseins, die uns von unserer konditionierten Art des Erlebens befreit und uns dafür öffnet, jeden Moment zu erleben.“

Schicksalsschläge

„Sich auf die Ganze Tiefe des Daseins einzulassen, braucht tiefes Vertrauen.“

‘Sich auf die ganz Tiefe des Daseins einzulassen, braucht tiefes Vertrauen‘ Dies ist nicht dasselbe wie Glaube daran, dass eine Lehre oder ein Lehrer die Wahrheit verkörpert. Das wäre ein Glaube, der uns vorschreibt, wie wir das Leben interpretieren sollen und darin Trost und Sicherheit finden können. Ein solcher Glaube trennt uns von wahrer Hingabe, wahrer Zuversicht. Wahre Hingabe ist etwas anderes. Wahre Hingabe ermöglicht es uns, den Glauben fallen zu lassen, mit dem wir jeden Moment unserer Erfahrung in ein begriffliches Modell übersetzen. Dieses Modell scheint unser Verständnis von der Welt zu erleichtern und uns eine gewisse Kontrolle zu geben. Es lindert das Gefühl der Unsicherheit, das wir haben, wenn wir an unsere Grenzen kommen.“

„Wenn wir zu radikaler, wahrer Hingabe finden und Herausforderungen annehmen – nicht versuchen zu fliehen, nicht Opfer zu spielen, nicht versuchen, Dinge mit komplizierten Theologen oder Psychogen zu klären, sondern offen für den Teil des Lebens, der unvermeidlich ist – dann sind wir offen für Gnade. Das Leben lehrt uns, dass wir keine Kontrolle haben. Erleuchtung bedeutet, den Versuch aufzugeben, das Leben zu kontrollieren und unseren Vorteil zu suchen. Dann können wir uns für die Gnade und für eine neue Perspektive öffnen, aus der wir heraus das Leben so annehmen können, dass wir eines Tages auf unsere herausforderndsten Erfahrungen zurückblicken und sehen, dass sie unsere größten Geschenke waren. Diese Dinge, die wir zu vermeiden suchten, führen uns zum Erwachen und zu neuen und umfassenderen Wegen, das Leben zu sehen und zu erleben – uns selbst zu erleben.“

Lebenswichtige Momente

„Verweile im Nichtwissen!“

„Empfindest du dein Leben als ein Geheimnis, das sich vor deinen Augen entfaltet? Ist dein Leben eine große Entdeckungsreise? Eine Begegnung mit deiner immensen Fähigkeit zu Weisheit, Liebe und zum Einlassen mit Intimität und Vitalität? Wir haben außergewöhnliche Fähigkeiten als Menschen, wenn wir beginnen, die Wichtigkeit bestimmter Momente zu erkennen und sie bewusst zu leben. Diese wichtigen Momente passieren in unserem Leben mit großer Regelmäßigkeit und sind Gelegenheiten zum Erwachen und zur Transformation. Wir müssen uns wiederholt der Unsicherheit dieser Momente stellen. Dadurch lernen wir ihnen und uns zu vertrauen. In diesen Momenten brauchen wir nichts weiter als den nächsten Schritt vor Augen zu haben und die Bereitschaft, ihn zu gehen.“

Immer schon in Meditation

„Gewahrsein und Stille sind die intimsten und deutlichsten Merkmale des Bewusstseins.“

„Man kann sich Meditation als Kunst vorstellen, das anzuerkennen, was bereits vorhanden ist. Dass kann dir gelingen, wenn du in Meditation sitzt. Was großartig ist: Du kannst es jederzeit tun. Es dauert nur wenige Sekunden, um zu bemerken, dass Gewahrsein und Stille schon immer der Hintergrund jeder Erfahrung sind. Beginne mit kleinen Momenten der Meditation – zehn Sekunden, fünfzehn Sekunden – und wiederhole sie tagsüber. Nimm dir nichts vor als diese Praxis der Anerkennung für zwei, zehn, fünfzehn, zwanzig, fünfundzwanzig Sekunden, wieviel auch immer. Verwandle sie nicht in einen inneren Streit und verwandle sich nicht in etwas, was frustrierend ist und dir das Gefühl gibt, du schaffst es nicht. Diese kleinen Momente der Meditation können verändern, was du wahrnimmst. In gewisser Weise verändert sich dein Bewusstsein, Du öffnest dich und fängst an zu beobachten, zu fühlen und zu spüren, empfänglich zu werden für das Heilige und Zeitlose. Ob zum ersten Mal auf diese oder jene Weise zu praktizieren beginnst, das Heilige und Zeitlose sind immer schon präsent. Wir müssen uns nur einen Moment Zeit nehmen, um es zu bemerken, und genau das ist Meditation.“

Quelle der Zitate:

Das Wesentliche – Die Wahrheit im Herzen entdecken
Autor des Buches: Adyashanti
Advaita Media-Verlag
ISBN 978-3-936718 -62-1

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