„Lebensweisheiten“
Zitate aus einem Zen-Kalender (2016)

Die folgenden Zitate sind eine Auswahl aus einem Zen-Kalender. Ich habe sie aus dem Englischen übersetzt und darunter jeweils weitergehende Erläuterungen bzw Interpretationen geschrieben.

Lebensweisheiten aus dem Zen-Geist

„Die Wahrheit ist, dass wir noch nicht frei sind. Wir haben nur erreicht, dass wir die Freiheit haben, frei zu werden.“

Nelson Mandela

Bevor wir erkannt haben, dass wir nahezu immer eine Wahl haben, so oder so zu handeln, wird unser Verhalten aus dem Unbewussten gesteuert, wie ein Roboter aufgrund des in ihm eingegebenen Programms. Dieses Erkennen ist eine Art von Erwachen aus einer Lebensweise, die überwiegend vom Unbewussten, von einem „Autopiloten“ in unserem Gehirn gesteuert wird. Wenn wir diese Wahlmöglichkeit erkannt haben, sind wir frei und können selbst die Verantwortung für die Gestaltung unseres Lebens und für unser Wohlergehen übernehmen. Voraussetzung hierfür ist, Bewusstheit und Achtsamkeit, Leben im Hier und Jetzt.


„Diese Tasse ist für mich bereits zerbrochen, weil ich weiß, dass dies ihr Schicksal ist. Ich kann mich aber im Hier und Jetzt an ihr freuen.“

Ajahn Chah

Dieses Zitat von Ajahn Chah vermittelt, dass das Schicksal jeder Art von Form vergänglich ist. Diese Erkenntnis kann dazu führen, so lange wie diese Form existiert, ihren Wert zu noch mehr zu schätzen und sich in der Gegenwart an ihr zu erfreuen. Dies gilt besonders auch für unseren Körper, in dem wir leben, der einmal das gleiche Schicksal wie diese Tasse erleiden wird.


„In uns ist eine Stille und etwas Heiliges, zu dem man sich jeder Zeit zurückziehen kann.“

Hermann Hesse

Sich in diese Stille und in diesen heiligen Raum zurückzuziehen, hilft uns, mit den Herausforderungen des Lebens, dem Lärm und den ständigen Aktivitäten in unserem Umfeld und dem damit verbundenen Stress, mit mehr Ruhe und Gelassenheit begegnen zu können. Diese Wirkung wird vor allem dann erzielt, wenn das regelmäßig geschieht und zu einem Teil unserer Lebensweise wird.


„Unser Planet braucht nicht noch mehr erfolgreiche Menschen. Der Planet braucht mehr Friedensstifter, Heiler, Erneuerer, Geschichtenerzähler und Liebende aller Art.“

Dalai Lama

Von außen wird uns vermittelt, was Erfolg bedeutet. Wir haben besonders große Erfolge in der technischen Entwicklung. Dagegen gibt es wenig Erfolg im Hinblick auf eine friedlichere Welt und liebevollere Menschen. Das Ausmaß von Aggressionen, Fanatismus, Kriege und Hass auf dieser Welt nimmt eher zu. Was würde es bedeuten, wenn es mehr von solchen Menschen gäbe, die der Dalai Lama hier aufzählt? Wir haben die Wahl zu entscheiden, was für uns Erfolg im Leben bedeutet.


Wir sind so besessen vom Tun, dass wir keine Zeit und auch keine Vorstellung mehr übrig haben für das einfache Dasein. Das führt dazu, dass Menschen nicht danach bewertet werden, was sie sind sondern nach dem, was sie tun oder was sie haben – zu ihrem Nutzen.

Thomas Merton

Das ist der Grund, dass wir uns immer mehr von uns selbst, dem was wir im Kern wirklich sind, unserer wahren Natur, entfremden. Muße, Kontemplation und reines Gewahrsein in der Gegenwart haben in unserer Gesellschaft keinen hohen Stellenwert. Auch unser Selbstbild wird von unserem Tun und unserem Besitz bestimmt und nicht von dem, was wir sind. Daher ist auch das Interesse herauszufinden, wer man wirklich ist, bei den meisten Menschen kaum vorhanden.


Wir haben vergessen, was Felsen, Pflanzen und Tiere noch wissen.
Wir haben vergessen, wie wir sein können.

Eckhart Tolle

Dieses Zitat unterstreicht noch einmal die Weisheit zuvor von Thomas Merton.


„Es ist wichtig, beides zu erkennen, das Universale und das Personale, den Bereich der Formen und die Freiheit, nicht an ihnen zu haften. Die Formen haben auf dieser Welt ihren Platz, aber auf einer anderen Ebene gibt es sie nicht. Um frei zu sein, müssen wir beide von diesen Wahrheiten respektieren.“

Ajahn Chah

Wer mit dem Modell der Psychosynthese vertraut ist, weiß gleich, was gemeint ist. Sie unterscheidet zwischen einer personalen und der transpersonalen Bewusstseinsebene. Die Sufis drücken es so aus: „Wir sind auf diese Welt aber nicht von dieser Welt“. Dieses Bewusstsein und das Einbeziehen beider Ebenen in sein Leben, führen zur Freiheit.


Um völlig lebendig zu sein, ganz menschlich und ganz wach bedeutet ständig aus dem Nest geworfen zu werden. Ganz zu leben bedeutet, in einem Niemandsland zu sein, um jeden Augenblick neu und frisch zu erleben. Leben bedeutet, bereit zu sein, immer wieder aufs Neue zu sterben.

Pema Crödrön

Aus dem Nest geworfen zu werden, interpretiere ich als eine Bereitschaft, immer wieder aufs Neue Vertrautes loszulassen, so dass man jeden Augenblick völlig neu und frisch erleben kann. Bei dieser Art von Wahrnehmung gibt es keinerlei Erinnerungen an etwas und damit keine Vergleiche. Man stirbt aus jedem Augenblick, lässt alles Vertraute los, um in einem neuen Augenblick wieder neu geboren zu werden.


Was immer geschieht, was immer da ist, ist das, was ich will. Nur das, genau das.

Gaway Kinnel

Das ist die höchste Stufe des Annehmens dessen was ist. Ich bin mit ihm „einverstanden“, kämpfe nicht dagegen, weil das Konflikte schafft. Das was ist zu bekämpfen, bedeutet, Energie zu verschwenden, weil ich das, was gerade geschieht nicht ändern kann. Diese Energie fehlt mir dann, um das in der Zukunft zu verändern, was ich verändern kann und auch will.


Ich weiß was ich Dir gegeben habe. Ich weiß jedoch nicht, was du empfangen hast.

Antonia Porchia

Was für eine Weisheit! Sie befreit uns von der Illusion, dass völlige Übereinstimmung herrscht zwischen dem Gebenden und dem Empfangenen. Meistens gehen wir davon, dass dies so ist. Der Empfänger hört aber nicht nur das Gesagte, sondern interpretiert es auch in seiner eigenen Weise. Man kann unter Umständen über etwas völlig Verschiedenes reden, ohne es zu bemerken. Auch Gesten, Verhaltensweisen können so interpretiert werden, dass sie völlig anders verstanden werden können.


„Nichts ist wirklicher als Nichts.“

Samuel Becket

Nichts im Englischen lautet „Nothing“ „No thing. Im Nichts ist also kein Ding vorhanden. Wieso soll aber das realer sein als etwas, das existiert?
Wenn man Nichts als „Reines Sein“ versteht, das ohne Form (Ding) existiert, gibt es dann noch etwas, was realer also wirklich ist? Dieses „Reine Sein“ ist eine Wirklichkeit, die sich nie verändert, während das „Seiende“, alle Formen, der Vergänglichkeit unterliegen.


„Begreife das Nichts während Du lebst und ich gebe Dir den Himmel.“

Jack Kerquac

Hat man das Zitat von Samuel Becket verstanden, ist es einfacher, auch dieses zu verstehen. Das Nichts zu begreifen setzt voraus, dass man diese Erfahrung des Nichts, des reinen Seins, im Leben erfährt. Himmel kann man wohl mit Seligkeit übersetzen. In dieser „SEINs – Erfahrung“ erkennen wir, dass wir nicht getrennt von einem größeren Ganzen, eben diesem SEIN sind. Diese Erfahrung vermittelt Gefühle von Glückseligkeit. In der Psychosynthese wird sie Transpersonale Erfahrung genannt.


Der einzige Weg, der dich zum Erwachen führt ist durch die Stille, nicht durch Analysieren von Fakten, nicht durch Unterscheidung, was gut und was schlecht ist, sondern durch einfache Stille, durch Loslassen. Lass alle Gedanken, alle Verletzungen, alle Dogmen und Konzepte los, lasse sie täglich los.

Robert Adams

„Schmerz ist körperlich, Leiden ist mental. …. Leiden geschieht gänzlich durch Festhalten oder Widersetzen. Es sind Zeichen von mangelnder Bereitschaft, sich fort zu bewegen, mit dem Leben zu fließen. Körperlicher Schmerz gehört zum Leben. Eine weise Lebensart kann sich jedoch sich vom mentalen Leiden befreien. Weise Menschen gehen freundlich mit dem Unvermeidlichen um und leiden dann auch nicht. Sie kennen zwar den körperlichen Schmerz, aber der wirft sie nicht um. Wenn sie können, tun sie, was möglich ist, um wieder in Balance mit sich zu kommen. Wenn nicht, lassen sie die Dinge ihren Lauf nehmen.“

Nisargadatta Maharaj

Es ist wichtig, zwischen körperlichem Schmerz und mentalem Leiden zu unterscheiden. Für das mentale Leiden können wir selbst die Verantwortung übernehmen, indem man seine Ursachen erkennt und sich davon löst. Die Weisheit zuvor von Robert Adams kann dabei helfen.


„Sei vorsichtig damit, wie Du die Welt interpretierst. Sie ist dann genau so.“

Erich Heller

Mit diesem Zitat wird ausgedrückt, dass wir unsere eigene Wirklichkeit schaffen. Wir können uns in der Interpretation nur am Negativen in der Welt orientieren, am Leiden, Hass, an Aggressionen und Kriegen, oder am Positiven, der Schönheit und dem Wunderbaren in der Welt. Diese Vorstellung wird dann zur Realität, sie wird zu dieser Welt, in der wir leben. Je nach der Wirklichkeit, die wir selbst schaffen, können wir uns auch selbst als Wesen auf dieser Welt unterschiedlich wahrnehmen. Wir haben die Wahl!


„Zen ist der Pfad ohne Rückkehr.“

Shunryu Suzuki

Das führt zu einem Loslassen der Vergangenheit, die keine Macht mehr über uns hat. Wir können immer wieder neu die Gegenwart erleben.


„Über nichts nachzudenken ist Zen.
Wenn Du das einmal weißt, gehen, stehen, sitzen oder liegen, alles, was du tust, ist Zen.“

Bodidharma

„Wenn ich gehe, gehe ich, wenn ich esse, esse ich, wenn ich stehe, stehe ich…usw.“ Das ist die am meisten zitierte Weise, Zen zu erklären: Leben und Handeln in der Gegenwart.



Quelle der ZEN-Zitate:

  • Zen Page-A-Day Calendar 2015
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